Seit 2022 haben Notare in Deutschland begonnen, elektronische Niederschriften im Rahmen von Online-Verfahren zu erstellen. Nun wird diese Praxis auf den traditionellen Beurkundungsprozess ausgeweitet, sodass künftig notarielle Urkunden auch im Präsenzverfahren, also bei Anwesenheit der Beteiligten im Notarbüro, elektronisch erstellt werden können.
Ziel dieser Neuerung ist es, digitale Lücken zu schließen und den Medienbruch zu vermeiden, der bisher bei der Bearbeitung von Papierurkunden auftrat. Dies soll nicht nur Notariate und Gerichte entlasten, sondern auch den administrativen Aufwand reduzieren und Prozesse beschleunigen.
Vom Papier zur digitalen Beurkundung
Bereits seit 2007 sind notarielle Urkunden für den elektronischen Rechtsverkehr digitalisiert und werden seit 2022 sicher im elektronischen Urkundenarchiv gespeichert. Dennoch war es bis vor Kurzem notwendig, Papierurkunden nach der Beurkundung einzuscannen, was einen hohen Arbeitsaufwand verursachte und den Medienbruch verstärkte.
Neuer Unterschriftsprozess: Die digitale Signatur
Ein zentraler Bestandteil der digitalen Präsenzurkunde ist die Änderung des Unterschriftsprozesses. Die Beurkundung erfolgt weiterhin im Notarbüro, jedoch wird die Unterschrift der Beteiligten künftig mit digitalen Mitteln, etwa einem Unterschriftenpad, erfasst. Im Anschluss daran signiert der Notar die Urkunde qualifiziert elektronisch.
Das Ergebnis ist eine so genannte „originär elektronische Urkunde“, die ebenso rechtlich anerkannt ist wie eine herkömmliche Papierurkunde – jedoch mit der zusätzlichen Sicherheit, dass Authentizität und Integrität der Urkunde durch die qualifizierte elektronische Signatur des Notars garantiert werden.
Technische Umsetzung und Erweiterung auf andere Urkundenstellen
Die Bundesnotarkammer sorgt für die flächendeckende Bereitstellung der erforderlichen technischen Infrastruktur. Doch die digitale Präsenzurkunde ist nur ein Teil eines umfassenden Plans zur Digitalisierung des notariellen und juristischen Systems. Ein weiteres wichtiges Projekt ist der „elektronische Notar-Verwaltungsaustausch“ (eNoVA), der die papierlose Kommunikation zwischen Notarbüros und öffentlichen Stellen ermöglicht.
Seit Frühjahr 2024 können Mitteilungen an Gutachterausschüsse über eNoVA übermittelt werden, und in Zukunft werden auch steuerliche Mitteilungen, behördliche Genehmigungen und andere Verwaltungsschritte digitalisiert.
Vorteile für die Justiz und die Gesellschaft
Die Digitalisierung betrifft nicht nur notarielle Urkunden, sondern soll auch anderen Urkundenstellen, wie Nachlassgerichten, ermöglichen, digitale Urkunden zu erstellen. Dies steigert die Effizienz der Justiz und reduziert gleichzeitig den Papierverbrauch, was einen positiven Einfluss auf die Nachhaltigkeit hat.
Die vollständige Digitalisierung des notariellen Prozesses ist ein bedeutender Schritt hin zu einer modernen, papierlosen Justiz. Die fortschreitende Umsetzung zeigt, dass eine digitale und effiziente Rechtsabwicklung in Deutschland bereits Realität wird.
Quelle: Bayerischer Notarverein e. V.